Warum eine Mediendiät gegen Burnout hilft

Mai 2, 2017

Ein sonniger Tag bis…

Ich sitze mit meinen Arbeitskollegen in der Kantine. Das Gespräch dreht sich um irgendein Attentat in Paris. Ich schalte ab und blicke aus dem Fenster. Ich beobachte ein Eichhörnchen bei einem schnellen Baumwechsel und freue mich über den wunderschönen Sonnenschein.

„Was sagst du denn dazu?“

Die letzte Frage war an mich gerichtet. Vorbei ist es mit meiner Beschaulichkeit. Ich frage:

„Was ist denn passiert?“.

„Wie, du weißt nicht, was passiert ist? Hörst oder siehst du denn keine Nachrichten? Oder liest Zeitung?“

Nein, das tue ich nicht. Und das tue ich schon eine ganze Weile nicht.

Welche Nachrichten haben Dir heute schon den Tag verdorben?

Ist es irgendeine Entlassungswelle? Oder war es ein neues Attentat? Gab es einen Amoklauf? Oder ist ein Zug entgleist? Oder gab es einen schweren Unfall? Oder wird ein Kind vermisst?…

Haben diese Nachrichten irgendetwas mit dir oder deinen Lieben zu tun? Bist du direkt betroffen? Kannst du gegen irgendeine der Katastrophen etwas unternehmen?

Stress entsteht, wenn wir die Kontrolle verlieren

Der Psychiater Manfred Spitzer beschreibt in seinem Buch „Rotkäppchen und der Stress“ ein Experiment.

Eine Ratte sitzt im Käfig und bekommt elektrische Schocks. Das Tier hat die Möglichkeit dieses zu verhindern. Vor jedem Stromstoß leuchtet eine Lampe auf. Schafft es die Ratte rechtzeitig eine Taste zu drücken, bleibt ihr der Schock erspart. Das gelingt ihr jedoch nicht immer.

In einem zweiten Käfig sitzt ebenfalls eine Ratte, die gleichzeitig ebenfalls einen Elektroschock bekommt. Sie ist jedoch zum nichts tun verdammt. Sie ist davon abhängig, ob die erste Ratte, die Taste rechtzeitig erreicht.

Die Frage ist nun, welche Ratte hat mehr Stress? Was glaubst du?

Die zweite Ratte bekommt genauso viele Stromstöße, wie die erste Ratte. Sie steht nicht unter Druck schnell reagieren zu müssen. Und trotzdem finden die Forscher mehr Stresshormone in ihrem Körper.

Das zeigt, dass uns besonders die Dinge stressen, über die wir keine Kontrolle haben.

Hast du das aktuelle Zeitgeschehen unter Kontrolle?

„Nur wer gut informiert ist, ist am Ball der Zeit“

Früher war ich ein Mensch, der gerne gut informiert war. Ich hörte und schaute regelmäßig Nachrichten und las im Internet Artikel über das aktuelle Zeitgeschehen. Ich war doch ein gebildeter und intelligenter Mensch, der Interesse an seiner Umwelt hatte.

Die einzigen Zeiten ohne Nachrichten waren meine Urlaube. In meinen Auszeiten zog es mich schon immer eher in die einsamen Gegenden unseres Planeten. Schon damals fand ich es sehr erfrischend mich nur um das Hier und Jetzt zu kümmern.

Hast du in deinem Urlaub schon mal die Nachrichten vermisst?

Medienentzug in der Klinik

Als ich nach meinem Burnout sieben Wochen in einer psychosomatischen Klinik war, gab es dort zwar einen Radio, aber da gab es nur Musik vom Band. Keine Nachrichten. Keine Informationen.

Mein einziger Kontakt zur Außenwelt war zu meinem Mann. Alle anderen Anfragen habe ich nicht beantwortet. Ich habe meinen Mann sogar gebeten meine Eltern zu informieren, wie es mir geht und habe ihnen einen Brief geschrieben, dass ich für die Zeit in der Klinik keinen Kontakt haben möchte.

Als ich aus der Klinik kam, stellte ich zu meiner Überraschung fest: Die Nachrichten hatten sich in dieser Zeit nicht wirklich verändert. Das, was in der Zwischenzeit in den Medien berichtet wurde, spielte für mich und die meisten Menschen keine wirkliche Rolle mehr. Es gab ja bereits schon neue Aufreger, die die volle Aufmerksamkeit für sich beanspruchten.

Eine Entscheidung: Ich will ohne Angst leben

Der letzte Auslöser war eine Meldung über einen „Amoklauf“ in USA in einer Schule oder in einem Kindergarten. Ich erinnere mich nicht mehr genau. Ich habe es gehört und habe Angst bekommen. Ich habe gespürt, wie eine kalte Angst meinen ganzen Körper ergriff. Was, wenn so etwas meiner Tochter zustößt? Sie war zu diesem Zeitpunkt gerade im Kindergarten.

An diesem Tag habe ich eine Entscheidung getroffen. Ich will keine Angst haben mein Kind in die Schule oder in den Kindergarten zuschicken. Ich möchte voll Vertrauen durch die Welt gehen. Und das kann ich nicht, wenn ich mir Tag für Tag solche Informationen in den Kopf setzten lassen.

Was, wenn es keine globale Berichterstattung über Katastrophen gäbe?

Nehmen wir als Beispiel das Attentat von Paris. Was wollen die Attentäter erreichen?

Die Attentäter wollen Angst und Schrecken verbreiten, um Ihre Ziele durchzusetzen. Dieses Ziel haben sie auch erreicht. Die Medien haben alles dafür getan.

Diese Form von Berichterstattung hat nichts mit dem Respekt für die Opfer zu tun. Ich glaube nicht, dass den Angehörigen in irgendeiner Weise damit geholfen wurde. Ganz im Gegenteil. Oft müssen sich Betroffene vor aufdringlichen Reportern verbarrikadieren.

Stell dir mal vor, es würde keine Nachrichten über dieses Attentat geben. Stell dir vor, der Terror würde den größten Teil der Bevölkerung nicht erreichen.

Kannst du etwas an der Situation ändern?

Angenommen es ist ein Zug entgleist und zig Menschen sind gestorben oder verletzt. Ein Flugzeug ist auf Grund eines lebensmüden Piloten abgestürzt. Kannst du etwas daran ändern? Bringen alle Gespräche und Aufregung irgendetwas Positives? Hilft es den Opfern in irgendeiner Form weiter?

In Gegenteil. Mit dem fünften Mal Hören und dem dritten Mal Erzählen verstärken sich jedes Mal die negativen Gefühle und das Gefühl der Hilflosigkeit. In welcher schrecklichen und unberechenbaren Welt leben wir?

Eigenverantwortung statt Desinteresse

Oft höre ich den Einwand: Aber die Welt ist nun mal so. Es zeugt doch von Desinteresse, wenn ich mich nicht für die Geschehnisse auf unserem Planeten interessiere.

Für mich ist das nicht so. Ich entscheide lediglich selbst, welche Informationen für mich relevant sind. Auch ohne Medien bekomme ich das Wichtigste mit. Ich kommuniziere ja immer noch regelmäßig mit Menschen 😉.

Wenn mich ein Thema interessiert, dann suche ich gezielt im Internet oder lese ein Buch.

Selbst wenn dich oder einer deiner Lieben so ein furchtbares Schicksal ereilt, dann kommt es, ob du dir vorher Sorgen gemacht hast oder nicht.

Betrifft es dein Leben?

Betreffen die Nachrichten, die du heute gehört hast, dein Leben direkt? Ist es für dich wichtig, wo welches Attentat stattgefunden hat? Ich bin mir sicher, wenn es in deiner Stadt sein sollte, wirst du es sicher auf einem anderen Weg erfahren.

Menschen beschweren sich oft, dass sie keine Zeit haben. Und wieviel Ihrer kostbaren Zeit beschäftigen sie sich mit Dingen, die ihr Leben nicht direkt beeinflussen. Diese Informationen können maximal Angst auslösen, Kraft rauben und schlimmsten Falls als Blockade wirken.

Wäre es nicht schöner in dieser Zeit mit den Kindern zu spielen? Oder ein Gespräch über die Beziehung mit dem Partner zu führen? Oder einen Spaziergang in der Natur zu machen? Oder einfach mal die Ruhe zu genießen?

Mein Gewinn

Seit nun mehr drei Jahren habe ich aufgehört Nachrichten ungefiltert in mein Hirn zu lassen.

  1. Ich habe die Verantwortung für mein Leben selbst in die Hand genommen. Ich entscheide selbst, was für mein Leben relevant ist und nicht irgendein Nachrichtenchef.

2. Ich habe mehr Zeit für die Dinge, die mir wichtig sind.

3. Themen, wie die großen Krisen unserer Zeit, sind für mich ein Randgeschehen. Sie kosten mir wenig bis keine Kraft. Und ich habe auch immer weniger Lust, über solche Themen zu diskutieren. Sie liegen ja nicht unter meiner Kontrolle.

4. Seit dieser Zeit sind sehr viele positive Menschen in mein Leben gekommen. Menschen, die wirklich etwas verändern wollen. Und ich staune immer wieder wieviel Gutes es oft unbemerkt von unseren Medien auf der Welt gibt.

Übernimm die Verantwortung für dich und dein Leben

Ich kann dich nur einladen, es für dich einmal auszuprobieren.

  • Welche Informationen sind wirklich relevant für dich und dein Leben?
  • Was ist dir wirklich wichtig? Wo kannst du wirklich etwas tun?
  • Wo hast du die Kontrolle im Medien-Dschungel abgegeben?
  • Wie kannst du die Kontrolle dir Stück für Stück zurückerobern?

Ich wette, die Welt und dein Leben dreht sich weiter, auch wenn du die Nachricht vom nächsten Sack Reis, der in China umfällt, verpasst.

Wie gehst du mit der heutigen Informationsflut um? Hast du eine App, die dir jede aktuelle Nachricht aufs Handy schickt, damit du ja nichts verpasst? Hast du deinen Nachrichtenkonsum schon stark oder ganz eingeschränkt?

 

Herzlich Willkommen im Leben.