Digitalisierung – viele Probleme sind analog

Feb. 18, 2020

Digitalisierung verändert Arbeit und Unternehmen radikal.

Doch viele Probleme sind analog: fehlende Akzeptanz, mangelndes Vertrauen und Überforderung der Menschen.

In diesem Artikel erfährst du:

  • warum Digitalisierung oft nicht effizienter macht,

  • welche analogen Probleme den Erfolg neuer Technologien verhindern,

  • wie Vertrauen, Vorbildfunktion und Empowerment entscheidend werden,

  • warum Akzeptanz der Mitarbeiter wichtiger ist als jede Softwarelösung,

  • und wie Führungskräfte mit Reflexion und Klarheit echten Wandel ermöglichen.

Auch in der Generation 50+ ist die Digitalisierung angekommen 

Ich verbringe mit meinem Mann ein paar Tage in einem schönen Wellnesshotel in den österreichischen Alpen. Eine Zeit, in der ich es immer genieße, mal offline zu sein. D.h. das Handy bleibt im Zimmer und wird zweimal am Tag gecheckt, ob es eine Nachricht von der Oma gibt, die unser Kind betreut.

Im Ruheraum muss ich grinsen. Es sind interessanterweise vor allem die älteren Gäste, die alle mit ihrem Smartphone beschäftigt sind. Sie schauen Filmchen, checken die neuesten Shopping-Seiten, lesen Artikel oder spielen. Wer hätte das gedacht. Und tatsächlich sind die Babyboomer digitaler als ihr Ruf. Die aktuellen Marktforschungsergebnisse von Deloitte, zeigen, dass die 55- bis 74-Jährigen neue technologische Entwicklungen durchaus annehmen.

Digitalisierung ist der Megatrend des 21. Jahrhunderts

Die Unternehmen investieren viel Geld in technische Lösung, um die Arbeit effizient und transparent zu machen.

Und tatsächlich bietet uns die Digitalisierung viele Vorteile:

  • Wir können riesige Datenmengen durchsuchen und analysieren, um wichtige strategische Erkenntnisse zu erhalten.
  • Sie spart uns Zeit, da wir jederzeit eine unglaubliche Menge an Wissen abrufen können, für die wir früher tagelang in der Bibliothek verbracht hätten.
  • Unsere Arbeit und die Vorgänge in Unternehmen werden transparenter.
  • Wir können Mitarbeiter, Kunden und Partner rund um die Welt in kürzester Zeit kontaktieren und über Webapplikationen sogar globale Meetings abhalten.
  • Eine weitere Errungenschaft ist Mobilität. In vielen Jobs können wir heute an den unterschiedlichsten Orten arbeiten. Wir können fast von jedem Ort der Welt auf alle möglichen Informationen zugreifen.
  • Wir können ein weltweites Netzwerk pflegen.

Die Digitalisierung eleichter unser Leben enorm

Warum steigen dann trotzdem die Raten der psychischen Erkrankungen von Jahr zu Jahr? Warum werden viele der Unternehmen trotzdem nicht effizienter?

Eines ist sicher, das Leben hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Wenn mir Menschen in den Unternehmen von Ihren Sorgen und Nöten berichten, dann habe ich nicht das Gefühl, dass durch die Digitalisierung für sie ihr Leben wirklich leichter geworden ist. Ganz im Gegenteil:

  • Immer mehr Arbeit wird auf immer weniger Köpfe verteilt.
  • Die Technik läuft nicht immer wie erwartet.
  • Kaum kennt man sich mit dem einen Programm aus, gibt es schon wieder ein Neues.
  • Dadurch, dass Mitarbeiter sich weigern die Software zu nutzen, gibt es häufig auch keine zuverlässigen Daten.
  • Der Mensch ist nicht zum Sitzen gemacht. Langes Sitzen macht unseren Körper auf Dauer krank.
  • Wir haben das Gefühl, dass wir oft nur noch reagieren, anstatt dass wir proaktiv agieren.

Auch ich war lange Zeit ein Teil der Digitalisierung

Mehr als 16 Jahre meines Lebens war ich als IT-Consultant in großen Konzernen tätig und habe die Digitalisierung fleißig mit vorangetrieben. Meist sind die neuen Tools, die wir ins Unternehmen brachten, nicht auf große Gegenliebe gestoßen. Meist war nicht die Zeit und nicht das Geld vorhanden, um die Mitarbeiter adäquat auf den Wechsel der Software vorzubereiten, geschweige denn bei der Implementierung deren Erfahrungen zu berücksichtigen.

Die größten Problem der Digitalisierung sind analog

Dabei ist gerade die Akzeptanz der Mitarbeiter ein wichtiger Erfolgsfaktor für die sinnvolle Nutzung einer Software.

Auch heute noch sind die größten Herausforderungen der Digitalisierung analog.

  • Mitarbeiter, die sich von der Digitalisierung überfordert fühlen und nicht bereit sind sich mit neuen Programmen auseinander zu setzten.
  • Mangelndes Vertrauen in die Technik.
  • Kein Vertrauen in die eigenen Mitarbeiter, wenn diese im Home-Office sind.
  • Mangelnde Abgrenzung, ständige Erreichbarkeit und Multitasking gehören zu den größten Stressfaktoren.

Es wird höchste Zeit, dass wir dem Menschen, dessen Bedürfnissen und seine Beziehungen mindestens einen genauso großen Stellenwert einräumen, wie der Implementierung einer neuen Softwarelösung.

Echtes zuhören und Vorbild sein

Nur wenn ich als Unternehmer oder Führungskraft meine Rolle als Vorbild einnehme, die Bedürfnisse und Sichtweisen meiner Mitarbeiter ernstnehme und diese in Entscheidungen mit einbinde, kann ich eine Offenheit gegenüber Veränderungen erwarten.

Oft existiert die Erwartung bzw. der Wusch, dass Mitarbeiter mehr Verantwortung für sich und ihr Handeln übernehmen. Die Frage ist, begegnen wir als Führungskraft Mitarbeitenden tatsächlich auf Augenhöhe oder dürfen sie nur Eigenverantwortung übernehmen, wenn es in unsere Pläne und  passt. Das ist im Übrigen auch eine spannende Frage für Eltern. Auch sie sind nichts anderes als Führungskräfte für ihre Kinder.

Empowerment anstatt Kontrolle und Druck

Die Generation der Babyboomer sind in einem Umfeld groß geworden, in dem es mehr um Anpassung und Pflichterfüllung, als um Meinungsäußerung und Bedürfnisbefriedigung ging. Eine Veränderung kann nur durch eine Vorbildfunktion und eigene Reflexion stattfinden.

Heute spricht man oft vom Empowerment (Ermächtigung, Übertragung von Verantwortung). Die Führungskraft darf sich die Frage stellen: „Was kann ich tun, damit meine Mitarbeiter Verantwortung für sich selbst und ihr Handeln übernehmen?“

Ein weiterer Anspruch ist die Bereitschaft Veränderungen zu akzeptieren. Veränderungen im Außen sind dann gut zu meistern, wenn wir selbst in uns eine große Sicherheit spüren. Handeln wir nach unseren eigenen Werten und Prinzipien, erleben wir diese Sicherheit und wir finden auch in unruhigen Fahrwassern Halt. Dazu müssen wir auch innehalten und uns selbst bewusst werden.

Neue Arbeitsweisen und Haltungen eröffen neue Wege

In vielen Softwareprojekten wird mittlerweile agil gearbeitet. Dies erfordert auch ein anderes Verständnis von Fehlern. Fehler passieren und wir lernen daraus. Oft ist in den teilweise agil arbeiteten Unternehmen alles gut und der Kunde zufrieden, bis tatsächlich ein größerer Fehler passiert. Anschließend wird der Ruf nach den alten Prozessen und Kontrollmechanismen sehr schnell wieder laut. Veränderung bedarf auf hier einem bewussten Wandel.

Ich glaube, es ist wichtig, dass wir uns parallel zur Digitalisierung auch als Menschen weiterentwickeln und immer wieder innehalten und schauen, ob das Problem in der Software liegt oder analog ist und was eine adäquate Lösung sein könnte.

Frage dich als Führungskraft oder Entscheider: Liegt das Problem wirklich in der Technik – oder im Umgang der Menschen damit? Beginne, als Führungskraft Vorbild zu sein. Schaffe psychologische Sicherheit, um Offenheit zu ermöglichen.