“Beeil dich!” oder “Wie vom wilden Affen gebissen” – 10 Schritte zur inneren Ruhe

Nov 14, 2016

Kennen Sie solche Tage?

In der Arbeit war einiges los. Ich habe gefühlt noch 1000 Dinge auf meiner Liste, die ich erledigen möchte, bevor ich mein Kind aus dem Hort abhole.

Zuhause hetze ich zwischen Keller, Erdgeschoss und 1. Stockwerk auf und ab. Da sehe ich die Kleider, die noch nicht aufgeräumt sind. Die Wäsche muss noch zusammengelegt werden. Es müsste auch dringend mal gesaugt werden. Die Aufgaben für meine Selbständigkeit türmen sich auf einem Stapel auf dem Tisch. Oje, wann soll ich das noch alles machen?

Ich schnappe mir die Dinge, die in den Keller müssen. Da fällt mir ein, der Einkaufszettel muss auch noch geschrieben werden. Schnell, dann kann ich direkt nach dem Abholen meiner Tochter noch im Bioladen vorbeifahren. Beim Herausziehen des Kochbuches fallen mir alle anderen Bücher aus dem Regal. Mist. Schnell wieder einräumen…

STOPP! Höchste Zeit für Entschleunigung!

Das ist der Moment, an dem ich allerspätestens die Reißleine ziehe und in den Modus „Entschleunigung“ verfalle.

  1. Ein großes rotes Stoppschild erscheint vor meinem geistigen Auge. Das bedeutet für mich, alle Aktivitäten sofort einzustellen.
  2. Hinsetzen und Füße spüren!
  3. Ein Glas Wasser trinken und dreimal tief durchatmen. Das aktiviert meinen Parasympathikus, der wieder mehr Ruhe in meinen Körper bringt.
  4. Anschließend, wenn ich mich etwas beruhigt habe, überlege ich mir: „Was ist jetzt wirklich, wirklich wichtig?
  5. Alle für diesen Moment unwichtigen und/oder nicht dringenden Aufgaben schreibe ich auf einen Zettel. Diesen lege ich zur Seite!
  6. Jetzt konzentriere ich mich auf die eine wichtige Aufgabe.
  7. Ich gehe jeden Schritt ganz langsam und bewusst. Ich spüre meine Fußsohlen auf dem Boden.
  8. Ich fasse alles mit größter Sorgfalt und Bewusstheit an. Ganz langsam und bedächtig.
  9. Bemerke ich, dass mein Geist wieder abschweift und sich weiteren Planungen und Überlegungen hingibt, erinnere ich ihn liebevoll und lenke meine Aufmerksamkeit wieder auf die eine wichtige Aufgabe.
  10. Auch wenn mein Geist die noch nicht erledigten Dinge entdeckt, lenke ich meinen Fokus wieder zurück auf die eine wichtige Aufgabe. Ich erkläre meinem Kopf: „Die Aufgaben sind auf der Liste. Ich werde sie nicht vergessen. Alles hat seine Zeit.“

„Wenn du es eilig hast, gehe langsam!“ (Lothar Seiwert)

Erstaunlicherweise bekomme ich in diesem Modus meist mehr geschafft, auch wenn ich für mich gefühlt super langsam gehe. Ich habe unglaublich viel erledigt und bin am Abend immer noch entspannt. Mein Qi Gong Lehrer hat mir mal gesagt:

 „Du kannst schnell gehen, wenn du innerlich ruhig bist.“

„Monkey Mind“ – Wie vom wilden Affen gebissen

Im Buddhismus spricht man sehr treffend vom „Monkey Mind“. Was so viel bedeutet, dass unser Geist meist, wie ein wilder Affe, von einem Gedanken zum nächsten springt. Er beschäftigt sich mit der Vergangenheit. Er denkt darüber nach, was alles schiefgelaufen ist, oder was wir besser hätten machen sollen. Er ist mit der Planung unserer Zukunft beschäftigt und dem, was wir alles noch erledigen müssen.

Dabei sind viele unserer Gedanken redundant. Unser Gehirn bewegt sich oft in einer Dauerschleife und denkt dieselben Gedanken immer und immer wieder. Nur selten sind wir wirklich im Augenblick.

95% unserer Handlungen, Entscheidungen, Gedanken laufen unbewusst ab

Ist das nicht der erstaunlich? Es gibt Wissenschaftler, die behaupten es sind sogar noch mehr.

Unser Gehirn ist darauf trainiert Energie zu sparen. Jede automatisierte Handlung spart unserem Gehirn Energie. Und unser Gehirn benötigt richtig viel davon.

Das bringt uns im Alltag viel Gutes. Sie können Autofahren und nebenbei telefonieren oder Musik hören. Ebenso können Sie Radfahren und trotzdem auf den Verkehr achten und kommen sicher an Ihr Ziel, ohne darüber nachzudenken zu müssen, wie Radfahren geht.

Hektik kann zu Burnout führen

Ein Burnout entsteht dann, wenn Sie überlange Zeit mehr Energie investieren, als dass Sie wieder auftanken. So suggeriert uns der innere Antreiber „Beeil dich!“ dafür, dass wir gefühlt nie ausreichend Zeit haben. Immer und egal in welcher Situation. Er sorgt dafür, dass wir immer schneller und immer mehr arbeiten. Wir haben so auch keine Zeit für Pausen. Zusätzlich sorgt die Hektik, wie wir unter unseren Kollegen verbreiten und die Reihe an Flüchtigkeitsfehlern, welche auf Grund unserer immensen Schnelligkeit passieren, für wachsenden Unmut und zusätzlichen Stress.

Sich zu beeilen ist an sich nicht verwerflich und manchmal durchaus von Nöten, nur nicht im Dauermodus. Schnell zu sein hat Betroffenen früher genutzt. Sie haben irgendwann einmal, wahrscheinlich in unserer Kindheit gelernt, dass ihre Bedürfnisse nach Anerkennung und Zugehörigkeit erfüllt werde, wenn sie sich beeilen. Eile hat dafür gesorgt, dass sie geliebt und vielleicht auch gelobt wurden. 

In heutigen Berufsleben haben wir diese tief sitzenden Gedankenmuster so verinnerlicht, das dieser Gedanke, dass wir uns beeilen müssen stets präsent ist und uns immer wieder zu einer ungesunden Schnelligkeit antreibt.

Um etwas zu verändern, musste Sie sich Ihrer Gedanken und Ihres Verhaltens erst bewusst werden. Der erste Schritt war die Ehrlichkeit mit mir selbst.

Mit Hilfe von Resilienz zu mehr innerer Ruhe

Sicher gibt es immer wieder Situationen, da ist schnelle Handeln gefragt und ein schnelles Arbeitstempo von Vorteil. Arbeiten wir konzentriert und effizient, dann strengt uns das, in aller Regel nicht über die Maßen an.

Werden wir allerdings hektisch, dann entsteht Stress, wir werden zusehends langsamer und die innere Unruhe und der Druck wächst.

Ein innerer Antreiber ist ein lang trainiertes und tief verinnerlichtes Denk- und Verhaltensmuster, welches wir nicht von heute auf morgen ablegen können. Es braucht Zeit, Geduld, einen liebevollen Umgang mit uns selbst und mit unserem inneren Antreiber.

Stärken Sie Ihre Resilienz, stärken Sie Ihre Fähigkeit sich selbst zur regulieren und bekommen einen entspannteren Umgang mit stressigen Situationen und den inneren Stimmen, die uns immer wieder zur Eile treiben.

Selbstregulierung durch Meditation

In der Meditation lernen wir unsere Gedanken zu kontrollieren. Wir beobachten unsere Gedanken, wie sie kommen und gehen und richten unsere Aufmerksamkeit immer wieder unserem Atem. Jedes Mal, wenn wir zu unserem Atem zurückkehren, lassen wir einen Gedanken los. Immer wieder. Das hilft uns auch in unserem Alltag Gedanken wie “Ich habe keine Zeit!” zu erkennen und loszulassen.

Durch permanentes Üben wird unser Gehirn ruhiger und ruhiger und die Lücken zwischen zwei Gedanken größer. Wir werden uns immer bewusster, was unser Geist denkt und können somit bewusst eingreifen. Meditation lehrt uns anstrengende und kontraproduktive Gedanken loszulassen sowie im Hier und Jetzt zu sein.

Ideen für kleine Meditationen im Alltag

Meditation ist nicht nur Sitzen und den Atem beobachten. Sie können Achtsamkeit auch im Alltag üben, zu jeder Zeit. Hier ein paar Ideen.

  • Achtsames Dusche: Anstatt den Tag zu planen, fühlen Sie doch mal die warmen Wassertropfen auf Ihrer Haut. (Ich war echt erstaunt, wie schön sich das anfühlt.)
  • Bewusstes Essen (vielleicht sogar im Schweigen). Kauen Sie jeden Bissen 36-mal. (Ist fantastisch für Ihre Verdauung.) Lesen Sie neben her kein Buch und schauen Sie auch nicht fern. Konzentriere Sie sich auf das, was Sie schmecken und riechen.
  • Gehen Sie langsam und bewusst. Setzen Sie ganz bewusst einen Fuß vor den anderen und fühle Sie Ihre Fußsohle am Boden. Wie verändert sich dabei Ihre Wahrnehmung der Umgebung?
  • Putzen Sie sich ganz bewusst die Zähne. Einen Zahn nach dem anderen.
  • Machen Sie Ihren Abwasch zur Meditation.
  • Saugen Sie Ihre Haus meditativ.
  • Unkraut zupfen eignet sich auch sehr gut für eine Meditation.

Ein Tipp: Beginnen Sie mit EINER Tätigkeit, und nehmen Sie in Ihrem eigenen Tempo eine neue Aktivität dazu.

Mehr zu den inneren Antreibern

Mehr zu den inneren Antreibern finden Sie hier:

Innere Antreiber – So erkennen und lösen Sie Stress

Herzliche Grüße und viel Spaß beim Entschleunigen,